Hardenbergufer 375 | 45239 Essen | Tel. 0201-401163



Essener Yacht-Club e.V.



Eine kurze Geschichte des Essener Yacht-Clubs

Ein Beitrag von Werner Oelze aus der Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des Clubs 1980



Der EYC feiert 1980 sein 25-jähriges Jubiläum. Nur wenige werden das heute noch für ein wichtiges Ereignis halten, für viele ist es der Schnee von gestern. Wer weiß denn noch, wie es 1955 im Scheppener Hafen aussah, und wer interessiert sich schon dafür?

Vielleicht ist es noch nicht ganz vergessen, daß auch die Nachbarclubs am Hardenbergufer, der Segelclub Najade und der SKS, in den vergangenen Jahren auf ihr 25jähriges Bestehen zurückblicken konnten. Diese beiden Clubs waren damals echte Neugründungen.

Bei uns dagegen war es anders, war schon alles da: Ein Clubhaus, eine Steganlage und natürlich auch die Mitglieder. Nur lief alles unter „Automobil- und Yachtclub Ruhrland“. Eigentlich bekam das Kind „EYC“ nur einen neuen Namen und einen neuen Clubstander. Es kamen auch keine neuen Leute dazu. Ende 1955 gab es nicht ein Mitglied im EYC, das nicht vorher schon Mitglied im AYCR gewesen war.

Es ist vielleicht aber doch nicht ohne Reiz, sich die Geschichte der Gründung des EYC ins Gedächtnis zurückzurufen. Sie beginnt nicht erst 1955, sondern viel früher. Lassen wir aber die Vorgeschichte 1932 bis 1945 beiseite und fangen 1945 an. Hätte der 2. Weltkrieg nicht stattgefunden, wäre der EYC nie gegründet worden.

Es fällt heute schwer zu verstehen, daß in den ersten Nachkriegsjahren der Segelsport auf dem Baldeneysee für Deutsche verboten war. Die noch vorhandenen Segelboote wurden von der britischen Besatzungsmacht beschlagnahmt. So erschien bei mir zuhause die englische Militärpolizei und requirierte mein Regattasegel, das ich über den Krieg gerettet hatte.

Das Clubhaus des AYCR in Heisingen hatte den Krieg überstanden. Es wurde beschlagnahmt und in einen britischen Offiziersclub mit Segelbetrieb „umfunktioniert“. Wenn sich alte Ruhrländer in dieser Zeit trafen, sprachen sie wehmütig von den vergangenen schönen Zeiten, die für immer entschwunden zu sein schienen.

Aber es gab einen Mann, unseren heutigen Senior Ernst Noel, der sich hiermit nicht abfinden wollte. Ernst hatte nämlich seine O-Jolle noch irgendwo versteckt - natürlich nicht am Baldeneysee - und sie so dem Zugriff der Engländer entzogen.

1948, drei Jahre nach Kriegsende, wurden die Bestimmungen für die deutschen Segler ein wenig gelockert. Da das Betreten des alten Clubhauses nach wie vor verboten blieb, hielt Ernst Noel Ausschau nach einem Notquartier. Er fuhr eines Tages mit dem Fahrrad um den See und kam an dem verschlafenen Sicherheitshafen Scheppen vorbei, der dem Ruhrverband gehörte.

Ob hier wohl eine neue Bleibe für die Segler geschaffen werden könnte? Der Ruhrverband hatte Verständnis für sein Anliegen. Die Nachricht, daß man wieder anfangen konnte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer unter den alten Mitgliedern.

Ich erinnere mich noch genau, wie ich unser heutiges Clubgelände zum ersten mal sah. In einer ziemlichen Wildnis fanden sich ein ehemaliger Schafstall und eine Waschküche. Das war alles!

Mit einer unbeschreiblichen Begeisterung begannen wir, in Eigeninitiative daraus etwas zu machen. Schon 1949 hatte Ernst Noel einen Plan zu Papier gebracht, der ein erweitertes „Clubhaus“ und eine Steganlage für 10 Segelboote vorsah. Bald lagen die ersten Jollen im Wasser, und die ersten Regatten wurden von der Mole, an deren Spitze noch der halbzerstörte Knepperturm stand, gestartet.

Der Segelsport nahm unter Führung von Ernst Noel und besonders auch unter dem sehr dynamischen, späteren ersten Vorsitzenden des EYC, Alfred Scheepers, einen ungeahnten Aufschwung. Wir hatten nach den langen Kriegsjahren und der schweren Nachkriegszeit einen Nachholbedarf am Regattasegeln und Geselligkeit, den man sich heute gar nicht mehr so richtig vorstellen kann.

1953 ließen die Engländer wissen, dass sie gegen eine Mitbenutzung des Heisinger Clubhauses durch den AYCR nichts mehr einzuwenden hätten. Die damalige Clubführung war natürlich hocherfreut bei dem Gedanken, das angestammte Clubhaus zurückzubekommen, und wollte das Clubleben dort für Automobilisten und Segler konzentrieren.

Viele Segler aber hatten die Anlage und den Betrieb in Scheppen inzwischen so lieb gewonnen, daß sie nicht mehr nach Heisingen zurückkehren wollten. Als dann die Clubführung einen Plan erwog, die Scheppener Anlage an die Feuerwehr zu verkaufen, entschlossen sich spontan zwölf Segler, den Kaufpreis von 5000 DM *) auf den Tisch zu legen, und wurden so zu gleichen Teilen Eigentümer der Scheppener Anlage. Diese sind in die Geschichte unseres Clubs als die „12 Apostel“ eingegangen. Es waren:

Manfred Anke, Helmut Barry, Heinz Rudi Becks, Georg Bornatsch, Arnold Fanenbruck, Joseph Klein, Günter Lohmann, Ernst Noel, Alfred Scheepers, Traudel Scheepers, Hansfried Tigges und Hubert Werres.

Was nun folgte, war eher zwangsläufig. Wie bei einer Zellteilung lösten sich AYCR und die Scheppener voneinander. Die meisten Segler schlossen sich im Laufe der Segelsaison 1955 der Idee an, einen eigenen Club in Scheppen zu gründen. Die 12 Apostel waren bereit, ihr neuerworbenes Eigentum kostenlos in den Club einzubringen.

Es war für uns, die wir schon vor dem Krieg im „Ruhrland“ waren, kein leichter Entschluß, den alten Club zu verlassen. Aber irgendwann im Sommer 1955 waren dann die Würfel gefallen. Der Name „Essener Yacht-Club“ fand allgemeine Zustimmung. Der neue Stander wurde von Ernst Noel entworfen. Wir arbeiteten ein Konzept aus, das dann in die Tat umgesetzt wurde. Die Gründungsversammlung wurde am 5. Oktober vorbereitet und fand am 13. Oktober im Kegelklubhaus am Molkteplatz statt. Sie verlief völlig undramatisch und rein geschäftsmäßig.

Nur sieben Herren nahmen daran teil:

Heinz Rudi Becks, Arnold Fanenbruck, Günter Lohmann, Ernst Noel, Werner Oelze, Alfred Scheepers und Hubert Werres.
Alfred Scheepers wurde zum Vorsitzenden, ich zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Auf der ersten Vorstandssitzung wurde beschlossen, eine weitere Versammlung einzuberufen, die am 29. Oktober gleichfalls im Kegelklubhaus stattfand. Die segelnden Mitglieder des alten Clubs konnten hier ihren Beitritt zum EYC formlos erklären. Dies taten die meisten, wenn auch einige den alten Club nicht verlassen wollten.

Der neue EYC hatte damals 20 ordentliche Mitglieder. Dazu kamen noch eine Handvoll fördernder Mitglieder und einige jugendliche Mitglieder, deren Eltern nicht im Club waren.

Die Zellteilung war beendet, und schon nach kurzer Zeit war nicht mehr festzustellen, daß da einmal nur ein Club gewesen war, denn sowohl der AYCR als auch der EYC blühten in den nächsten Jahren in gleicher Weise auf.

Der Ehrgeiz des EYC war es nicht, ein großer Club zu werden. Wir wollten nur sportlich segeln, Geselligkeit pflegen und junge Menschen für den Segelsport begeistern. Es waren die gleichen Ziele, die schon mein Vater hatte, als er vor beinahe 50 Jahren den ersten Segelclub am Baldeneysee, den AYCR gründete - etwa gleichzeitig mit der Gründung der Segelriege des Etuf durch Korvettenkapitän Rose.

Die Preise in der Vitrine unseres Clubhauses zeugen davon, daß das neue „Schiff“, der Essener Yacht-Club, von seinen Gründern auf den richtigen Kurs gebracht worden war.



Werner Oelze